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Am Wochenende vom 22. bis
23. September 2018 hat der Trans Pride Cologne zum ersten mal
stattgefunden. Ich wohne in Köln, ich bin trans – es gab für mich
also wirklich keinen Grund, nicht hinzugehen! Trotzdem war ich erst
zögerlich und hatte die längste Zeit eine bestenfalls neutrale
Einstellung zum Event. Warum? Ich weiß auch nicht. Ich habe mich nie
groß mit der queeren Community in Deutschland identifiziert. Dem CSD
konnte ich nie etwas abgewinnen, der war nicht für mich. Aber
dieses Wochenende, das war für mich.
Nervös war ich trotzdem.
Glücklicherweise musste ich nicht allein gehen! Dank Kitten hab ich
mir das Programm überhaupt erst näher angesehen. Samstag gab es
eine ganze Reihe Workshops und einer davon hat mein absolut
enthusiastisches Interesse geweckt: ein Playfight Workshop!
Aus der Beschreibung des
Workshops auf Facebook:
Playfight: Ein
Workshop zum spielerischen Kämpfen
Playfight öffnet den
Raum für wildes Balgen und Urgeschrei, für fröhliches Herumtollen
und lustvolles Kräftemessen.
In dieser körperlichen
Begegnung, die kämpferisch und/oder spielerisch verlaufen kann,
kommen wir in Kontakt mit uns selbst und mit anderen; mit Stärken
und Schwächen, tiefen Empfindungen, unerfüllten Bedürfnissen und
lustvollen Herausforderungen.
Der Workshop bestand aus
zwei Teilen:
In der ersten Hälfte
haben wir einander und uns selbst kennengelernt. Es gab eine Reihe
von Bewegungsübungen, bei denen wir uns zum Beispiel als Gruppe im
Raum bewegt haben und dabei immer mehr Körperkontakt zugelassen
haben, bis wir ein einziger großer Menschenblob waren. Außerdem gab
es einige Partnerübungen: das Halten Blickkontakt, das Bewegen
miteinander, wenn sich nur Fingerspitzen berühren, eine mal sanfte
und mal feste Umarmung. Die Partner wurden dabei oft gewechselt, so
dass man zum einen viele andere Teilnehmer kennenlernen konnte und
zum anderen vergleichen konnte, wie unterschiedlich die gleiche Übung
mit einer anderen Person sein kann. Zuletzt gab es dann eine Übung,
bei der ein Teil von uns still sitzen, stehen oder liegen sollte,
während die anderen versuchten, uns von dieser in eine andere
Position zu bringen. Das konnte durch Überzeugung geschehen, durch
sanften Druck oder härteres Eingreifen. Wie kooperativ die
Stillhaltenden dabei waren, durfte jeder für sich entscheiden.
Ich war anfangs sehr
kooperativ, dann zunehmend weniger, aber ich glaube, Widerstand war
insgesamt lustiger! Tatsächlich hatten aber alle sehr verschiedene
Gefühle dabei: einige berichteten, dass sie dann wirklich unbedingt
in ihrer Position verharren wollten! Ich dagegen fand es zum Beispiel
ganz spannend und irgendwie angenehm, jemand anderen so was mit sich
machen zu lassen.
In der zweiten Hälfte
ging es dann an das tatsächliche Kämpfen! Dazu waren im Raum vier
mal vier Judomatten ausgelegt worden, mit weichen Sitzkissen drum
herum. Auf diesen saßen wir im Kreis und immer zwei sollten in der
Mitte kämpfen. Vorher gab es aber noch eine Vorstellungsrunde mit
Namen und Pronomen, wo außerdem jeder erzählt hat, was er_sie sich
so wünscht oder vom Kampf erwartet. Die Paarungen haben so
funktioniert, dass eine Person in die Mitte ging und sich gegenüber
dem Menschen, mit dem er_sie kämpfen wollte, hingekniet hat. Dann
konnte die herausgeforderte Person ablehnen oder zustimmen.
Gruppen unbekannter
Menschen machen mich insgeheim doch noch ziemlich nervös, und ich
hab mich erst nicht getraut, jemanden herauszufordern. Dabei gab es
durchaus Leute, gegen die ich gerne kämpfen wollte! Aber es war auch
toll, den anderen dabei zuzusehen. Die Kämpfe waren sehr
verschieden, aber alle so voll positiver Energie! Das hat mir sehr
gut gefallen.
In der Pause haben Kitten
und ich dann nochmal über unsere Anxieties gesprochen und danach hab
ich mich dann doch getraut, es herauszufordern! Es hat mir sehr
geholfen, dass wir uns kannten und wir hatten einen sehr schönen
Kampf, den ich als ziemlich verspielt wahrgenommen habe. Wir haben
viel gelacht, und insgesamt hat mir das verdammt gut getan! Danach
war ich dann mutig genug, noch einen anderen Menschen
herauszufordern, was dann ein etwas wilderer aber genauso toller
Kampf wurde! Ich glaube, der hat uns beiden eine Menge gegeben. Wir
hätten am liebsten noch weiter gemacht, aber der Workshop hatte
schon so ne gute Halbe Stunde überzogen.
Pride Buttons gab es u.a. mit Pronomen! |
Ich bin im Anschluss noch
mit Kitten ins rubicon, wo die Aktion Standesamt 2018 einen Stand
hatte und hab da mit einem Haufen netter Menschen gechillt. Das
schöne an diesem Wochenende war, durchgehend von Menschen umgeben zu
sein, die einen auf einer Ebene verstehen, wie man es sonst im Alltag
bei den meisten seiner Mitmenschen nicht voraussetzen kann. Menschen,
denen man sich mit Pronomen vorstellen kann. Menschen, deren Pronomen
vielleicht weder „er“ noch „sie“ sind und die dafür vollstes
Verständnis und Akzeptanz bekommen. Das hat sich gut angefühlt. Wie
generell in queeren Gruppen, aber nochmal stärker!
Damit ging es dann am
nächsten Tag auch direkt weiter. Es stand noch die Demo an, und
obwohl es mich zu den regulären Pride Parades so gar nichts zieht,
war ich hier sehr motiviert mitzulaufen. Ich wollte ein Teil davon
sein, uns sichtbar zu machen. Ich wollte mit Menschen zusammen sein,
die dieses „trans sein“ mit mir gemein haben.
Chants für die Demo |
Und das habe ich auch
bekommen. Gleich zu Anfang bin ich wunderbaren Menschen vom Quidditch
in die Arme gelaufen, habe auch Leute vom Workshop am Samstag
gesehen, und fühlte mich insgesamt ganz gut aufgehoben. Ich meine,
ich hab sehr wenig Übung darin, mit Leuten allein darüber zu
bonden, auf eine ähnliche Art queer zu sein. Ich war noch nie in all
den Einrichtungen für queere Menschen, von denen Köln einige hat.
Ich gehe nicht in entsprechende Clubs oder auf Pride-Veranstaltungen.
Aber ich war trotzdem
froh, einfach dabei zu sein.
Auch dabei war der große
Regenbogen-Regenschirm meines leider abwesenden Cuddle Buddys, den
ich dafür jederzeit gern mit anderen geteilt habe.
„It's an umbrella term
– der ist für alle da!“
So spazierten wir unter
musikalischer Begleitung und lauter Parolen durch die Kölner
Innenstadt, vom Altermarkt bis zum Rudolfplatz. Es war irgendwie ein
cooles Gefühl, dass die Polizeit an einigen Stellen extra für uns
die Straße abgesperrt hat. Nur für uns! Für uns trans Menschen,
die feiern wollten, dass es uns gibt und die sich zeigen wollten, wie
wir sind!
Auf dem Rudolfplatz wurde
halt gemacht, um ein paar Ansprachen zu halten. Über Prides ansich,
über diesen speziellen, aber das, was wir wollen und wer wir
sein wollen.
Der Weg, den wir gelaufen sind - im strömenden Regen! |
Danach stand prinzipiell
ein Picknick auf dem Programm, weil Petrus es mit dem Wasser von oben
aber doch allzu gut mit uns gemeint hatte, wurde selbiges nach
drinnen verlegt, in einen Kindergarten nahe dem Bahnhof West. Dort
bezogen wir Quartier, wurden gefüttert und mit coolem Merch versorgt
und mit einem sehr coolen Bühnenprogramm, bestehend aus Musik und
Textvorträgen unterhalten. Ein Teil davon hat mich wirklich
mitgerissen und berührt, oft überraschend. Die Texte würde ich
gern nochmal hören oder lesen.
Merch zum Event: Sticker, ein T-Shirt und Buttons |
Es war friedlich. Klein.
Ein kleiner Kreis Menschen, der – denke ich – noch wachsen will.
Eine kleine Veranstaltung, die nächstes Jahr noch mehr Support
möchte, auch finanziellen, um größer zu werden, und etwas lauter.
Ich glaube, das würde der ganzen Sache gut tun. Auch wenn ich die
Atmosphäre sehr mochte. Da saßen wir, alle irgendwie nass und etwas
kalt, auf Picknickdecken oder einfach auf dem Boden, glücklich,
aufgewühlt, hibbelig, sicher, gehört und verstanden.
Event-Bändchen |
Bis nächstes Jahr!
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