Samstag, 27. Oktober 2018

Traumtagebuch - Geheime Kulte

Ich habe lange kein Traumtagebuch mehr verfasst, aber dieser war wirklich spannend!
Content Notice: angedrohte Vergewaltigung

Der Traum beginnt bei einer spätabendlichen oder nächtlichen Feier in Köln, am Zülpicher Platz. Es sind viele Menschen unterwegs, viele stehen oder gehen umher, einige sitzen auf Bierbänken am Rand. Ich weiß nicht, was der Anlass ist.
Was ich auch nicht weiß, ist, wie ich mir den Zorn des Mannes neben mir eingefangen habe, aber es ist nicht einfach nur eine kleine Wut seinerseits, sondern ein wirklich tiefer Hass. Er sitzt neben mir auf einer der Bierbänke und als ich aufstehe greift er nach meinem Arm und es gelingt mir nur mit Mühe, mich loszureißen. Er ist schmal, etwas hager fast schon, und hochgewachsen. Ich weiß, dass er ein hoher kirchlicher Würdenträger ist, auch wenn er nicht so ganz deren Gewandung trägt.
In schockierendem Detail erklärt er mir, wie er mich vergewaltigen will. Die nächste Person auf der Bierbank, die ich wohl kenne, ist schockiert und eingeschüchtert. Ich bin vor allem wütend, und das zeige ich ihm auch. Und weil die Drohung deutlich genug ist und ich Zeugen habe gehe ich sofort zu einer Polizistin, einer strengen, älteren Dame, die auch Verständnis für mich hat, aber mir gleich sagt, dass man gegen diesen Mann nichts wird machen können.
Ärgerlich und nun doch mit einer entfernten Angst wende ich mich ab und will einfach nur weg, als mir ein Obdachloser an einer Ecke einige Zettel zuwirft, die ich eilig aufhebe. Darauf zu sehen sind Zeichnungen eines schwarzen Hundes, der erst steht, dann läuft, dann auf etwas klettert, und sich dann darauf legt. Als ich einige Schritte weiter genau diesen Hund sehe, folge ich ihm eilig.
Er führt mich zu einer verfallenen Kapelle oder kleinen Kirche, wo er sich auf eine Art Altar legt, wie auf der Zeichnung. Halb dahinter und darunter finde ich einen geheimen Gang, dem ich folge. Ich habe das Gefühl, möglicherweise verfolgt zu werden, bin aber nicht sicher. Der Gang führt mich ins innere der Kapelle, der plötzlich gar nicht mehr verfallen ist.
Dort werde ich von einigen Personen in dunklen Roben sehr freundlich begrüßt, als hätten sie schon lange auf mich gewartet. Sie tragen schwarze Masken und obwohl diese ihre Gesichter nicht ganz bedecken, reichen sie, um ihre Identitäten zu verbergen. Ihr Anführer, ein irgendwie charismatischer Mann, ich mag ihn sofort und fühle mich beeindruckt, lächelt und gibt mir ebenfalls eine Maske und sagt, dass ich zu ihnen gehöre. Er erklärt mir einige Dinge, an die ich mich leider nicht mehr erinnere. Jedenfalls muss ich diesen Bund geheim halten, dafür wird er mich schützen und gegen den schrecklichen Priester vorgehen, der unser aller Feind ist.

Mein Traum springt an dieser Stelle: zusammen mit einigen Freunden kümmere ich mich um Kinder, die möglicherweise ihre Eltern verloren haben und auf der Flucht sind. Wir bringen sie in eine Herberge zum Übernachten.

Als ich das nächste mal in der Kapelle bin, sehe ich sie zunächst als verfallen. Ich weiß, dass ich erst eine der versteckten Masken aufsetzen muss, um ihr wahres Aussehen zu erkennen. Das will ich auch gerade tun, aber dann sind plötzlich noch andere Personen dort und ich tue so, als würde auch ich nur die Ruine sehen.
Plötzlich tauchen auch einige Priester auf, untergebene des hochrangigen Priesters vom Anfang. Sie suchen offensichtlich etwas, aber ich behaupte, nichts zu wissen. Ob ich schon einmal in den oberen Stockwerken war? Natürlich nicht, die sind einsturzgefährdet. Sie durchsuchen die gesamte Kapelle und ich hoffe, dass sie nichts finden, was auf unsere Aktivitäten schließen könnte. Ich kann sehen, wo die Masken in den alten Reliefen versteckt sind - können sie das auch?


Dann bin ich aufgewacht.
Wieder einmal finde ich es spannend, Aspekte meines Lebens in einem Traum wiederzufinden. Ich sehe meine ausgeprägte Ablehnung gegen alles religiöse, vielleicht auch die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche, meine Begeistreung für die Architektur von Kirchen und Ruinen, und einen gewissen Geheimbund, dem ich im LARP beigetreten bin. XD
(Übrigens war der Traum an keiner Stelle gruselig oder so; auch bei den Drohungen am Anfang hatte ich keine wirkliche Angst, es war absolut kein Alptraum!)

Mittwoch, 24. Oktober 2018

Uni - Patchwork-Identität

Ich sitze in einem mittelgut besuchten Seminar in den Bildungswissenschaften. Es ist die dritte Sitzung und im weiteren Verlauf sollen Referatsgruppen gebildet werden. Die motivierte junge Seminarleiterin möchte darum vorher eine kleine Übung mit uns durchführen, die Patchwork-Identität heißt und uns helfen soll, uns ein wneig kennenzulernen und zusammen zu finden.

Wie das geht:
Jeder von uns bekommt ein weißes DIN-A4-Blatt, das wir mit einer Schere in Puzzleteile schnippeln sollen. Auf diese sollen wir nun etwas schreiben, was einen "Ich bin..."-Satz vervollständigt. Dann wird sie uns in Gruppen einteilen, und zusammen sollen wir dann aus unseren Zetteln eine Art Gruppenidentität basteln und auf ein Plakat kleben.

Noch während ich mein Blatt in sechs relativ große Einzelteile zerschneide, macht sich Skepsis in mir breit. Um mich herum bekrizzeln die Kommiliton_innen fleißig ihre Zettel. Ich starre auf die weißen Schnipsel und spiele mit dem Stift. Und denke nach.

Ich bin...
...transgender.
...queer.
...ace.

Viel zu intim, zu privat, zu persönlich. Für diese Art Informationen vertraue ich meinen Kommiliton_innen nun wirklich nicht annähernd genug.

Ich bin...
...Pokémon-Trainer.
...Potter-LARPer.
...Nerd.

Super Ideen, die werden bestimmt viel Zustimmung bei meiner Gruppe finden.
Wenig zufrieden schreibe ich "Student_in" auf den ersten Zettel. Damit wird sich natürlich jeder im Raum identifizieren können. Die Versuchung, mich hinter einem scheinbar generischem Maskulinum zu verstecken, ist groß, aber ich möchte, dass sich mit diesem Zettel alle angesprochen fühlen können. Viel weiter bringt mich das allerdings auch nicht.
"Sind Sie fertig?" fragt die Seminarleiterin, sieht wohl meinen etwas verzeifelten Blick, und gibt uns noch Zeit.

Ich bin...
...Twitterer.
...Tumblr-User.
...Fanfic-Autor.

Alles Dinge, über die ich mich identifiziere, und nichts, was zu einer allgemein anerkannten Gruppenidentität führen wird. Und genau genommen möchte ich diese Dinge vielleicht auch gar nicht mit fremden Menschen teilen. Ich denke an ein japanisches Sprichtwort:

出る釘は打たれる。
Deru kugi wa utareru.
"Der herausstehende Nagel wird eingeschlagen."

Die Übung soll dazu dienen, Gemeinsamkeiten zu finden, aber wie die Seminarleiterin zuvor in einem anderen Kontext selbst gesagt hat: wenn wir Gemeinsamkeiten zwischen bestimmten Dingen feststellen, attestieren wir anderen automatisch ihre Andersartigkeit. Sicher mag die Übung irgendwie dazu führen, (oberflächliche) Gemeinsamkeiten zu finden, aber mit Ausblick auf das erstellen einer Gruppenidentität führt es für mich zu dem Druck, Dinge an mir zu finden, die möglichst massenkompatibel sind. Womit steche ich nicht (unangenehm) heraus, was könnte ich mit anderen gemeinsam haben?

Und da fällt mir anscheinend nicht viel ein. Am Ende schreibe ich eilig meine Zettel voll:
Student_in, Kölner_in, Atheist_in, Künstler_in, Quidditch-Spieler_in, LARPer_in...
Wäre ich generischer geblieben, mir wäre einfach gar nichts eingefallen.

Wir werden eingeteilt und bauen unser Gruppenidentitätsplakat. Den/die Student_in bringe ich unter, die anderen haben Zettel wie "kritisch-hinterfragend", "faul" und "zielstrebig", die wir alle aufnehmen. Auch eine Ecke mit "Reisender", "sprachinteressiert" und "unternehmungslustig" wird aufgemacht; den "Sommer-Fan" toleriere ich, auch wenn ich den Sommer hasse. Mein "Quidditch-Spieler" sorgt für ein kurzes Gespräch, findet aber natürlich nicht den Weg in unsere Gruppenidentität.
Ich kann trotzdem gut mit den anderen zusammen arbeiten. Die Stimmung in der Gruppe ist locker, angenehm,wir sind produktiv, ohne verkrampft zu sein. Dass ich mit diesen Menschen nichts gemeinsam habe, heißt nicht, dass es zu Konfrontationen kommt.
Wir schauen uns unsere Gruppe an. "Wer würde in unserer Gruppe ausgeschlossen werden, was meint ihr?" fragt ein Kommilitone, "Wen würden wir mobben?" Er sagt es lustig, humovoll. Ich sehe auf meine Zettel, die bis auf den ersten noch neben dem Plaket liegen. Alle anderen haben jeweils mindestens zwei beigesteuert, oft noch mehr. Ich finde die Frage nicht lustig.

Wirklich wichtig ist mir das alles nicht. Aber ich bin ja auch kein Schüler in einer Klasse, für den diese Gruppe einen zentralen Punkt seines Lebens ausmacht. Aber ich war dieser Schüler und ich weiß nicht, wie hilfreich ich diese Methode dabei finde, eine Klassengemeinschaft, in der es Probleme gibt, besser zusammen zu bringen.

Am Ende werden die Referatsthemen vergeben. Ich halte meins über Inklusion. Allein.
Was gut ist, weniger lästige Absprachen. Aber irgendwie ein bezeichnender Abschluss für diese Sitzung.